Cannabissucht
Hallo,
Dein Freund ist süchtig - Punkt. Ob nach Cannabis, Alkohol, Pillen etc. (Pille u. Pulle trennt nur ein i und u) ist eine Frage dessen, womit er mit seiner Umwelt und mit sich selbst am besten "klar" kommt - im Endeffekt ist es klassisches Suchtverhalten.
Du bist nicht süchtig. Erstmal dafür Bravo!
Wenn Du, zähneknirschend, nicht konsequent bist, dann unterstützt Du indirekt seine Sucht. Das nennt man dann über lange Zeit anhaltend "Co-Abhängigkeit".
Hast Du mal gekifft.? Das macht erst sehr "klar" und dann sehr müde. Cannabis aktiviert die Dopaminausschüttung, also das hormonelle Belohnungssystem. Deshalb sind Kiffer auch morgens meistens nicht zu geniessen, weil durch das Kiffen die natürliche Dopaminausschüttung aus der Hypophyse empfindlich gestört wird. Wenn ein cleaner Mensch morgens aufwacht, dann schüttet seine Hypophyse erstmal "Anstoßhormone" aus, die dann zu den Drüsen gelangen, wo entsprechend Adrenalin und Norarenalin (Nebennierenrinde) etc. ausgeschüttet werden. Bei Kiffern kommt da viel weniger raus, weil durch das Kiffen die Hypophyse nicht mehr richtig ohne "Cannabis-Anstoß" reagiert. Deshalb werden die Leute durchs Kiffen insgesamt stressintolerant. Und das erklärt auch, warum es so schwer ist das Kiffen aufzugeben. Weil man das Belohnungssystem im Hirn mit jeder Tüte aktiviert. Nur dass man danach eine "ausgeleierte" Hypophyse hat und diese gestörte Hormonausschüttung stört dann im Alltag, weil der Kiffer an sich dann gereizt und müde ist. Stressintolerant halt insgesamt.
Sorry für diesen Ausflug in die Endokrinologie, aber das sollte man wissen, wenn man das Verhalten verstehen will.
Dein Freund hat zwar "Dir und dem Kind zuliebe" mit dem Saufen aufgehört, aber er hat sich gleich einen Ersatz zugelegt bzw. gegönnt.
Im Endeffekt hat er nicht an seiner Sucht gearbeitet, sondern sie nur verschoben.
Ich habe selbst mit Kiffern viele Jahre zu tun zu gehabt (ich selbst kiffe nicht) und mir ist immer wieder aufgefallen, dass die Droge THC total verharmlost wird und im Endeffekt trotzdem für diese Menschen so extrem wichtig ist. Da ist eine riesige Ambivalenz zwischen der Verharmlosung und der Wertigkeit, die diese Toxe in deren Leben spielt.
Oft heißt es da..."die vanderen (Nicht-Kiffer) erstehen einfach nicht, dass das doch nur ein bißchen Entspannung ist...die sind total engstirning und spießig..."
Meistens haben Kiffer einen Freundeskreis in dem sie sich diese Einstellung ständig gegenseitig bestätigen.
Das ist ein Teufelskreis.
Dein Freund kann sein Suchtverhalten nur hinterfragen und aufgeben (dazu gehört sehr viel Kraft), wenn er mehr unter seiner Sucht leidet als das er damit leben kann.
Du hast da keine leichte Situation vor Dir!
Er wird leiden, wenn Du ihm Deine Liebe und den dauernden Kontakt zum Kind entziehst, aber ob dieses Leiden mit dem Glücksgefühl das er beim Kiffen bekommt gleichhalten kann ist die Frage. Vor allem: Kiffen kann er immer wenn er will. D.h. wenn Du ihn z.B. mit Entzug "erpresst", dann wird er sich wohl erstmal eine Tüte bauen, um damit besser klar zu kommen.
Wirklich schwer.
Schau Dir seinen Freundeskreis an. Sind da viele Kiffer? Wenn nicht, dann hast Du ganz gute Chancen.
Ich will nicht negativ klingen, aber einen Süchtigen von seiner Sucht loszureissen haben schon viele Menschen versucht, aus den unterschiedlichsten Motiven. Und viele haben es nicht geschafft.
Mein Rat: spreche mit ihm darüber! Erkläre ihm, was Dich an seinem Konsum so stört (welches Verhalten von ihm). Frage ihn, ob er damit einverstanden wäre, wenn sein Kind kiffen würde? Frage ihn nach Komplikationen in seinem Job.
Frage ihn, wann das alles angefangen hat und ob er nicht "auf die andere Seite" überwechseln will bei der er klar ist und ob er überhaupt alles aushalten kann - ohne Entspannungstüte.
Das Leben an sich ist nicht immer einfach, aber man muss sich nicht bei jeder Gelegnheit "wegschiessen", um es auszuhalten. Vielleicht hat er eine Depression, mit der er schon Erfahrungen gemacht hat und die ihn in die Abhängigkeit geführt hat, um es besser auszuhalten. Spreche mit ihm darüber. Sei offen und verständnisvoll,gehe auf ihn ein, aber bleibe bei Deiner Klarheit und halte die Fahne für die Klarheit hoch. Denn hinter dem kiffenden Mann steht ein kleines Kind, das es irgendwann für einfacher befunden hat sich "wegzuschiessen" als die Verantwortung für die von ihm geschaffene Realität klar zu übernehmen.
Das ist an sich nicht zu verurteilen. Aber ihr habt ein Kind und damit hat diese Beziehung eine andere Dimension.
Er sollte sich entscheiden und Du auch.
Ihr erspart euch viel Leid, wenn ihr klare Ziele miteinander oder getrennt vor Augen habt und dann auch konsequent verfolgt. Das kann leider auch das Kiffen sein.
Ich wünsche Dir viel Kraft und hoffe euer Kind hat bald einen Vater der morgens mit einem Grinsen auf dem Gesicht aus den Federn kommt.
Alles Gute