Spannende Frage ...
...damit habe ich mich auch mal auseinandergesetzt, weil ich die Gleichung
Überfluss + extrem schlankes Körperideal = Anorexie
immer zu simpel fand, weil es so viele Aspekte der Anorexie nicht berücksichtigt. Jedenfalls ist es dieses Bild der Anorexie, das es für mich schon immer schwer macht mich dazu zu bekennen, weil es in meinen Augen indirekt den Aspekt: Anroexie = oberflächliche Barbiepuppe transportiert.
Sehr spannend fand ich die Theorie von Rudolph Bell, der in seinem Buch Holy Anorexia die These aufgestellt, dass Fälle von strenger Askese , die zum Teil zum Tode führte seit dem Mittelalter als Anorexia Nervosa anzusehen sein könnten. Diese Theorie berücksichtigt zumindest in meinen Augen endlich mal den Aspekt des Süchtigmachen des Hungerns und das Glücksgefühl das Hungern auslöst. Für mich war schon immer "faszinierend" (tut mir leid, mir fällt gerade kein anderer Begriff ein), dass man sich trotz Hungern fit und leistungsfähig fühlen kann, was sich wohl medizinisch durch die dadurch verursachte Dopamin-Ausschüttung erklären lässt. Für mich definitiv ein Aspekt, der Anorexie so gefährlich macht.
Bei diesem Aspekt setzt übrigens auch die Theorie der amerikanische Psychologin Shan Guisinger an, die in der Anorexie eine in der Steinzeit entstandene Genvariante vermutet. "Damals, als sich die Menschen als Jäger und Sammler durchschlugen, kam es immer wieder zu Hungersnöten. Die meisten Urmenschen, vermutet die Forscherin, reagierten darauf mit Lethargie, um Energie zu sparen, bis es wieder Nahrung gab. Doch die Evolution, so Guisingers Theorie im Fachblatt Psychological Review (Nr. 4/03), setzte nicht alles auf diese Karte: Von einer Genvariante gesteuert, machten sich einige unserer Vorfahren auf, ihr Glück anderswo zu probieren. "Die Fähigkeit, nicht länger am Ort nach Nahrung zu suchen, sich rastlos und voller Energie zu fühlen, optimistisch zu verleugnen, dass man gefährlich abgemagert ist, konnte eine solche letzte, verzweifelte Anstrengung begünstigen", argumentiert die Psychologin."
"Dazu passen die jüngsten Befunde von Manfred Fichter, Leiter der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik Roseneck am Chiemsee. Er und amerikanische Genetiker stießen bei der Suche nach erblichen Veranlagungen für die Essstörung auf eine verdächtige Region im Chromosom 1. Dort fanden sie bei Erkrankten Varianten der Gene für ausgerechnet die Antennenmoleküle im Hirn, die auf körpereigene Opiate und den Botenstoff Serotonin ansprechen, der auch beim Essverhalten eine wichtige Rolle spielt. Eine vom US-amerikanischen National Institute of Mental Health geförderte internationale Studie soll diese Befunde nun erhärten."
Ich wünschte es gäbe mehr Psychologen, die sich mit solchen Ideen auseinandersetzen und nicht ein solch pauschales Bild der Anorexie zeichnen.
ICh hoffe der Text verunsichert niemanden, finde das einfach nur ein sehr spannendes Thema, über das ich schon viel nachgedacht habe.
Liebe Grüße
Traumverloren