So viele liebe Antworten noch!
Deduschka, mir gehts wie sunshinegirl - ich kann ihn nicht verlassen, wir haben ein gemeinsames Haus, zusammen haben wir zwei Kinder, und noch mein Großer, stammt aus einer früheren Beziehung. Ja, ich bin noch jung, 27 (in meinem Alter kann man das noch sagen ;-)) - aber das wichtigste: ich liebe ihn! Das kennst du sicherlich auch: es kann so schön sein wenn er will.
Was mich am meisten gestört hatte war, dass ich ihn zwei Jahre bebetteln musste, bevor er jetzt endlich den Hintern hochbekommen hat und mit mir zur Psychologin gegangen ist. Endlich!
Aber das ist nur der 1. von vielen, vielen Schritten, die noch folgen müssten. Er sieht nicht ein, dass nur er sich selbst helfen kann, dass die Psychologin und ich nur Hilfestellungen geben können. Okay, er sieht es ein, aber es ist ihm zu viel Arbeit. Aktuell hat er von der Psychologin die Aufgabe bekommen eine Woche lang jeden Tag aufzuschreiben, wie sein Tagesablauf war, damit sie schauen kann, ob noch was verändert werden kann, wo man Stress einsparen kann etc. Tja, bis auf ein einziges Mal musste ich ihn jetzt ständig dazu zwingen. Und das ist eigentlich auch schon wieder nicht Sinn und Zweck der Sache.
Im Sommer könnte er entweder nochmal für 6 Wochen in die Tagesklinik oder eine Reha machen, da ist auf seiner Arbeit eh tote Hose. Die Psychologin empfiehlt ganz dringend die Tagesklinik, weil da einfach mehr gemacht werden kann, dafür ist es anstrengender. Die Reha wäre nur 2. Wahl, weil die wohl mehr zur Festigung dient. Wofür will sich mein Mann entscheiden? Natürlich Reha, die lt. Psychologin bei ihm so gar nichts bringen wird *seufz* Immer den Weg des geringsten Widerstandes gehen - ja, das ist mein Mann.
Ja, das mit dem Haus ausbauen kenn ich, das musste ich auch alles übernehmen. Aber weißt du, das ist in Ordnung. Weil ich weiß wieviel Stress das für ihn bedeutet, dass es einfach zu viel ist. Es geht hier wirklich einzig und allein darum, dass er Verantwortung für kleinste Entscheidungen übernimmt. Aber da fehlt ihm das Selbstvertrauen für und er fürchtet die Konsequenzen ausbaden zu müssen, da kommt die Faulheit mit ins Spiel.
Ich hoffe einfach ganz arg, dass die Besuche bei der Psychologin und die Tagesklinik (da werde ich ihn hinprügeln wenns sein muss) was bringen und dass wir in vielleicht zwei Jahren ein besseres Leben führen werden.
Aktuell strengt er sich sehr an sich nicht allzu sehr gehen zu lassen, weil ich nach Weihnachten mal wieder so weit war ihn rauszuschmeißen, seine Koffer waren schon gepackt. Einzig und allein ein sofortiger Anruf bei der Psychologin zwecks Terminabsprache hat ihn gerettet.
Ja, die Kraft, die fehlt manchmal ganz gewaltig. Dann nehme ich mir meinen gepflegten hysterischen Schrei-, Kreisch- und Heulanfall. Dann geht einfach nichts mehr. Und dann kommt mein Mann und ist plötzlich der normalste Mensch der Welt.
Man, 17 Jahre - da ist längst ein Orden fällig - für Tapferkeit und Durchhaltevermögen! Ich weiß nicht, ob ich das schaffen werde. Manchmal denke ich mir, ich hab nur dieses eine Leben - will ich es tatsächlich so leben? Immer auf ihn achten müssen? Immer wieder motivieren müssen? Immer seine Launen aushalten müssen?
Aber wenn er sich anstrengt, wenn ich sehe, dass er sein Leben selbst in den Griff bekommen möchte, wenn er etwas aktiv tut um seine Situation zu verändern - dann hat er es sich verdient, dass ich im Gegenzug auch mal seine Launen aushalte.
Tut er es nicht, macht er jetzt nicht endlich den nächsten Schritt - mittelfristig wird es wohl darauf hinauslaufen, dass ich nicht mehr kann und aufgebe. Aber versagt habe ich nicht, ich hab mein bestmöglichstes gegeben. Mehr kann ich nicht tun.
@sunshinegirl: ich kann dich sehr gut verstehen :D Das mit dem "ihm ist alles zu viel" - das kann ich bei meinem Mann ganz gut verstehen. Ich erkläre mir das so: wir Menschen sind ein Eimer voll Wasser. Dein und mein Eimer ist bis oben hin gefüllt. Der Eimer unserer Partner vielleicht nur zu zwei Dritteln. Mit dem Eimer müssen wir den ganzen Tag auskommen, ist er leer können wir in dem Moment gar nichts mehr ab.
Normalerweise gelingt es uns gesunden Menschen den Tag mit diesem Eimer voll rumzubringen. Okay, manchmal ist er schon vorher leer. Aber bei unseren Partnern ist es halt so, sie haben nicht die gleichen Ressourcen wie wir, sie sind schneller überreizt, was sich dann vor allem bei schizophrenen in Wut und Aggressionen ausdrückt.
Sie können lernen mit ihren Ressourcen auszukommen, durch einen geplanten Tagesablauf, nichts außergewöhnliches darf passieren, aktive Entspannung. Aber sie können diese Aggressionen nicht unterdrücken, bzw. nicht auf Dauer. Tun sie es ständig endet das meist in einer Psychose.
Aber das wichtige ist eben, dass diese Krankheitseinsicht da sein muss. Sie müssen sich bewusst sein, dass sie nie so leben können wie gesunde Menschen, dass sie mit der Krankheit leben lernen müssen. Aber das müssen sie von ganz alleine tun. Wie gesagt, Therapien geben einen Ansatz, was sie machen können, machen müssen sie es schon alleine.
Von daher würde ich euch vielleicht auch zu einer Therapie raten. Vielleicht ist bei deinem Mann ja auch noch was drin, was sich verbessern lässt. Bei meinem muss alles verbessert werden. Vor allem die aktive Entspannung - wenn ihm alles zu viel ist oder er müde und erschöpft ist - auf keinen Fall hinlegen oder vor die Glotze oder den PC gehen - aktiv entspannen heißt spazieren gehen, Tiefenentspannung machen, sich sonstwie sportlich betätigen oder auch ein handwerkliches Hobby ausführen. Gerade PC und Fernsehen, aber auch sich hinlegen verschlimmert das ganze nur noch.
Ich bin grad dabei mir selbst beizubringen mich zu entspannen wenn er wieder austickt. Im Moment klappts ganz gut, aber eben auch wahrscheinlich nur deshalb, weil er grad eine gute Phase hat. Ich kann mich aber noch zu lebhaft an die 4 Monate zuvor erinnern - einen Vorpubertisten, eine Zicke im feinsten Trotzalter, einen kleinen Dickkopf, der es seiner Schwester wunderbar nachmacht und mein Mann dazu - das war zuviel.
@ale: tut mir leid, dass ich nicht vorher wieder reingeschaut habe, ich hoffe du liest noch. Natürlich hoffe ich ganz stark dass ihr inzwischen Hilfe gefunden habt. Falls nicht: DU kannst keinem psychisch krankem Menschen helfen. Für ihn sind alle anderen nicht normal, er selbst ist es. Gerade dieser Verfolgungswahn (du hast dem Arzt gesagt, was er auf die Überweisung schreiben soll) spricht meines Erachtens wirklich für Schizophrenie. Es gibt psychologische Hilfsdienste in jeder größeren Stadt. Ruf dort an, schildere ihnen die Situation, die können dir weiterhelfen. Oftmals werden Patienten zwangseingewiesen und das ist nicht das verkehrteste. Weil sie selbst nicht mehr entscheiden können was das beste für sie ist.
Solch eine schwerwiegende Krankheit MUSS behandelt werden. Sie geht von allein leider nicht weg, es wird nur noch schlimmer. Aber sie KANN gut behandelt werden, das ist das gute daran, aber die Krankheitseinsicht muss erfolgen, aber das kannst du nicht erreichen.
In der Psychiatrie würde er erstmal auf eine geschlossene Abteilung kommen, wo er medikamentös eingestellt wird, damit er überhaupt erstmal wieder zugänglich wird. Anschließend folgen Gespräche mit Therapeuten, Psychologen, es folgen Therapien, meist schließt die akute Behandlung mit der Tagesklinik oder einer Reha oder gar beidem ab. Das ist wirklich nicht schlimm, um dir die Angst zu nehmen. Schlimm ist halt wirklich nur die geschlossene Abteilung, wo alle erstmal hinkommen. Aber nur für dich, mein Mann hat sich da wohl gefühlt - "das ist MEIN Club, Tildi-Schatz, der Club der Verrückten" ;-) Okay, gut, das waren sie dort alle tatsächlich *lach*
Ein langer, langer Roman. Manchmal muss man einfach mal rauslassen.
Ich wünsch euch alles Liebe und euren Männern sowie dem meinen, dass sie endlich anfangen sich selbst zu helfen.
Liebe Grüße,
Tilda