Bevor ich in meine MS (die Gott sei Dank nie richtig extrem oder lebensbedrohlich geworden ist) abgerutscht bin, war ich schön schlank (57 kg/168cm). Aber seit ich denken kann habe ich mich in einer Art Wettstreit mit anderen Frauen in punkto Figur gesehen, das heißt, ich hab mich schon irgendwie geärgert, wenn ich eine schlankere als mich gesehen habe (ich muss dazusagen, ich bin in vielem ein Perfektionist, das haben jetzt schon mehrere zu mir gesagt). Das hatte bis dahin nie Auswirkungen auf mein Essverhalten, dieses änderte sich aber schlagartig, als meine Mutter und ich uns am 17.1.07 für ein halbes Jahr in einem Fitnesscenter anmeldeten, da war ein Figurwettkampf dann unausweichlich. Ich habe akribisch darauf geachtet, dass ich immer schneller als die anderen laufe, mehr gewichte auflege usw. Zu dem Zeitpunkt habe ich auch meine Ernährung umgestellt: Vom normalen "ungesunden" Jugendlichenmischmampf" auf gesund, das war aber kein drastischer Einschnitt, die Portionen waren weiterhin normal, bloß auf das überflüssige Ungesunde habe ich weitgehend verzichtet. Zu dem Zeitpunkt wollte ich aber keineswegs absichtlich abnehmen, lediglich meine Fitness verbessern und in sportlicher Hinsicht nicht so faul sein. Nach einem halben Jahr bekam ich beim Check im Studio die Quittung: 53kg. Da war ich stolz auf mich, dieses Resultat wollte ich aber in den Sommerferien beim Urlaub in Italien auf keinen Fall wieder zunichte machen, und jetzt begann ich erstmals Portionen zu verkleinern und darauf zu achten, möglichst wenig zu essen. Nach den 6 Wochen Ferien mit viel Schwimmen im Meer waren es dann halt 50 kg, zum ersten Mal bekam ich schlechtes Gewissen bezüglich meines niedrigen Gewichts, das Thema MS ist ja schließlich in aller Munde. Trotzdem konnte und wollte ich nicht mehr essen(ich habe mich aber nie absichtlich übergeben!), aus Angst wieder meine alte "schlechte" Figur zu erlangen. Im Laufe des nächsten Jahres sank mein Gewicht bis schließlich 45 kg. Eigentlich hätte ich mir Hilfe gewünscht, das weiß ich ganz genau, denn in meinem Kopf wollten das schlechte Gewissen/ Stimme der Vernunft nur noch raus aus dem Ganzen, doch die MS hatte mein Verhalten (sowohl gegenüber dem Essen als auch den Menschen) im Griff. Von meinen Eltern kamen nur Vorwürfe ("willst du uns alle zugrunde richten") und gelegentlich Ohrfeigen und auch meine zwei Schwestern fielen mir nur in den Rücken, teils durch Petzen oder einfach kränkende Bemerkungen ("Hier kommt unser Magersüchti" oder " du könntest mal Darsteller in einem Holocaustfilm werden"). An dem Tiefpunkt von 45kg angelangt war mir klar, dass es so nicht weitergeht, und startete daher das Projekt "gesund zunehmen". Ich habe mit einer Ernährungsberaterin (das hat mich schon einiges Geld gekostet) einen Plan ausgearbeitet und mich immer dran gehalten, ich hab nie versucht, ihn zu unterlaufen. Dazu habe ich Krafttraining gemacht, später dann auch ein bisschen Joggen, innerhalb von 7 Monaten habe ich jetzt mein altes Gewicht fast wieder erreicht (55kg), jedoch bleibt die Periode immer noch aus :???:
physisch gesehen bin ich also fast wiederhergestellt, nur meine Gedanken kreisen oft ums Essen, es sei denn ich bin ins Gespräch vertieft mit Freunden oder so ähnlich. So richtig viel, wie ich eigentlich möchte esse ich leider immer noch nicht, sonst nehme ich sehr schnell zu. ich hoffe, das das nicht der gefürchtete JOJO Effekt ist, und wenn doch, was kann man dagegen tun, den eigentlich habe ich ja Lust auf ein normales Essen und ein normales/zufriedenes Leben.
Die Frage, auf die ich eigentlich hinaus will, ist, ob sich diese ablenkenden Gedanken jemals wieder legen werden, oder ob man die nur mithilfe einer Therapie mildern/überwinden kann und ob das vielleicht ein Fehler in meiner "Geschichte" sein könnte, dass ich nicht durch die Hilfe eines Therapeuten an ein normales Verhalten und Denken gegenüber dem Essen herangeführt wurde und mein "psychischer Müll" niemals im Gespräch mit einem Therapeuten/ Psychologen entsorgt wurde. :-/
PS: Es ist das erste Mal, dass ich hier schreibe, ich bin erst vor drei Tagen auf euer Forum gestoßen und war von eurer gegenseitigen Unterstützung sehr begeistert, daher hatte ich das Gefühl, dass ich mir mal was von der Seele schreiben muss. :FOU: