Na toll. Und jetzt soll mir ein guter Titel einfallen?
Hallo
Du musst Dich keineswegs schlecht dafür fühlen. Schließlich geht es so furchtbar vielen genauso wie Dir. Mir eingeschlossen.
Ich war in einer psychiatrischen Klinik und dort habe ich gelernt, dass ich kein Fehler der Natur bin, nur weil ichDinge tue, für die mich so viele verurteilen oder verurteilen würden, wenn sie es wüssten (Essstörung, Selbstverletzung, Alkohol- und Tablettenmissbrauch,...). Weil ich dort das erste Mal Menschen kennenlernte, die ähnliche Probleme hatten wie ich. So viele Menschen sind genauso wie Du und ich. Glaub mir.
Ich hab vor einer Weile angefangen, ehrlicher mit dem Thema SVV umzugehen, weil ich mit den ganzen Lügen unwohl fühle und weil ich SVV nicht verurteilenswert finde. (Manche Menschen gehen eben durch eine furchtbar schwere Zeit, in der sie um ihr Leben kämpfen müssen.) Und ich habe dabei wirklich interessante Erfahrungen gemacht. Menschen, die auf mich zugehen und eigene Erfahrungen gemacht haben oder Bekannte haben, die davon betroffen. Ich hatte schon ein paar spontane Gespräche mit Fremden, die sich bemühten, zu verstehen und mich um Rat fragten, wie sie mit Betroffenen aus ihren Bekannten-, Freundes- und Familienkreis am Besten umgehen sollten. Mein berührendestes Gespräch war mit einem Vater, dessen Tochter sich ritzte, und in dessen großen Sorge seine tiefe Liebe zu seiner Tochter erkennbar war.
Neben natürlich auch viel Unverständnis sind die Reaktionen der Gesellschaft weitaus positiver als viele annehmen. Die einzigen, durch die ich jemals Beschimpfungen deswegen erhielt, waren meine Familienmitglieder.
Deshalb: Fühle Dich nicht schlecht, wegen dem, was Du machst. Du machst nur einfach eine furchtbare Zeit durch.
Auch wenn Selbstverletzung nicht als Sucht bezeichnet wird, hat es einen suchtähnlichen Charakter.
Deswegen kannst Du nicht aufhören und deswegen höre ich schon viel zu lange im Schnitt ungefähr einmal die Woche auf.
Damit aufhören ist ein ziemliches Problem.
Aber daran sind nicht wir schuld, oder würdest du zu einen Drogenabhängigen sagen, er sei selber schuld daran, dass er nicht aufhört? Vergiss dies niemals, denn: Auch wenn die Mediziner dies nicht tun, zähle ich als Betroffene, und jemand, der leider auch mit vielen anderen Abhängigkeiten Erfahrung hat, die Selbstverletzung zu den Süchten.
Aufhören ist fast unmöglich, aber es wird der Tag kommen, an dem Du und ich es schaffen. Daran glaube ich fest.
Mein Rat: Es gibt Methoden, die wirklich sehr gut gegen Selbstverletzung helfen. Skills und ähnliches. Ich habe all dies in der Klinik gelernt. Wenn Du Dich an einen Psychotherapeuten wendest, kann Dir dieser ziemlich sicher weiterhelfen. Das kann wirklich helfen. Es wurde sogar eine eigene Therapieform gegen selbstschädigendes Verhalten entwickelt. DBT-A. Das zeigt doch, dass es echt helfen kann.
Bleib stark! Unsere Gesellschaft braucht Menschen wie Dich. ;)
Liebe Grüße. Jenny