Hallo,
zunächst einmal, ich weiß, dass es quasi unmöglich ist, anderen begreiflich zu machen, wie es in einem selbst aussieht. Allein schon dadurch, dass wir anscheinend evolutionär gesehen relativ komplexe Kreaturen zu sein vorgeben, potenzieren sich die Gefühlskombinationen und Ursache-Wirkungs-Verhältnisse um ein Tausendfaches..
Aber es scheint besondere Fälle zu geben, in denen wir uns der Gefühlswelt einiger anderer Menschen mehr annäheren können als sonst, und geschieht, ironischerweise, meiner Beobachtung nach immer dann, wenn es um psychosomatisches Blabla geht. Natürlich wurde das Ventil bei jedem von uns durch was anderes geöffnet sozusagen, aber wenn ich mir die Diskussionen durchlese, die hier gestartet werden, finde ich so viel von mir selbst darin wieder, dass es schon beinah erschreckend ist.
Und weil ich grade einfach nicht mehr weiß, wer aus meinem "realen" und "vertrauten" (ha!) Umfeld mir noch helfen kann, hatte ich das Bedürfnis, irgendwie auch mal aktiv was von mir selbst hier auszukotzen (Wortwitze in diesem speziellen Forum werden natürlich ganz zufällig eingestreut, haha)
Also, ich kann mich schlecht kurzfassen.. hoffe, das liest immerhin irgendjemand..
Kurz etwas zu den Eckdaten meiner Selbst. Ich bin seit ca. einem Jahr essgestört, vielleicht auch schon was länger, das kann ich nicht genau klassifizieren, weil es, typischerweise, ganz schleichend immer größer geworden ist.
Mein Leben lang war ich tendenziell eher untergewichtig, musste mir auch die klassischen Kommentare von wegen Klappergestell und Mückenstiche statt Busen anhören.. Aber im Grunde hat mich das nie wirklich tangiert. An meinem Aussehen haben mich eher die Haare (einstig echt Struwwelpeter, zum Glück verändert sich die Haarstruktur alle sieben Jahre, sagt zumindestens die Biologie) und andere Kleinigkeiten interessiert. Ich habe immer normal und reichlich gegessen, Süßigkeiten waren meine erste Sucht glaub ich, später kamen dann die ollen Glimmstängel dazu.
Und dann, vor gut einem Jahr, war da plötzlich dieses Bedürfnis, weniger zu werden, irgendwie, ich weiß nicht genau, wie es am besten ausdrückbar ist, der Freiheit des Geistes eine geeignete Hülle zu schaffen. Ich bin ein Grübler, und ich habe diesen selbstzerstörerischen Hang zum Zergrübeln, und ich glaube, das hat insbesondere den Ausbruch der ES konstituiert.
Zuerst ließ ich nur die Süßigkeiten weg, dann die Kohlenhydrate, schließlich alles außer Obst und Gemüse. Im Campingurlaub mit einer Freundin ernährte ich mich ausschließlich von Oliven und Nektarinen. Natürlich fiel das auf, ich war ja vorher ein regelrechter Vielfraß.
Das Abnehmen vollzog sich erst schleppend, dann plötzlich stieß mein Körper quasi alles ab. Ich kann mich an einen Moment erinnern, in dem ich im Cafe saß und spürte, wie mein Hosenbund ganz unnatürlich abstand, weil mein Bauch und alles so eingesunken war, dass nichts mehr zum Festhalten da war. Auch, dass ich im Bett keien bequeme Position zum Schlafen mehr fand, weil mir alles wehtat, die Rippen, die Hüftknochen.. Ihr kennt das ja sicher.
In der Anfangsphase steckte ich in dieser typischen Hungereuphorie, ich war superaktiv, immer unterwegs, viel getrunken, tausend Leute getroffen, kommunikativ, selbstbewusst, ganz entgegen meiner sonstigen Art. Mir gefiel, wie sich das alles entwickelte, und irgendwann war ich süchtiger nach dem Kontrollgefühl als nach der Magerkeit selbst.
Seit einigen Monaten hat sich das allerdings alles um 180 gedreht, mein Körper macht das nicht mehr mit, ich hatte Herzprobleme, extree Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafstörungen, und die Anlage zu depressivven Verstimmungen hatteich sowieso schon vorher. Was folgte, waren unkontrollierte Fressanfälle, die immer noch andauern und mich zum Verzweifeln bringen. Ich bin unfähig, normal zu essen. Ich wollte raus aus der ES, weil ich gemerkt habe, dass es ein Weg ist, der in eine Sackgasse führt. Die krasse Ernährungsweise, die ich durchgezogen habe, hält kein Mensch lange durch, und deswegen hatte ich den Vorsatz, auf eine gesunde Ernährung umzusteigen.
Aber es ist unmöglich. Entweder, ich fresse alles in mich rein, was da ist, und kann nicht mehr aufhören, oder ich hungere wieder den ganzen Tag und kriege dann abends die größte Fressattacke.
Das Problem ist, dass ich nicht mal mehr unterscheiden kann, was mich so fertig macht, ob es meine eigenen Depressionen sind, die mich zum übermäßigen Essen treiben, ob ich ohne die noch dieselbe Stärke hätte wie das letzte Jahr über, oder ob es die ES ist, die mich so ausgelaugt hat, dass ich nun das letzte Restchen Disziplin verloren habe. How paradox...
Ich kann das wirklich nicht mehr aushalten. Ich kann nichts mehr tun, bin unproduktiv, Uni leidet extrem darunter, auch meine sozialen Kontakte reduziere ich radikal, weil mir quasi nichts mehr Freude bereitet.Aber auch allein mit mir fühle ich nur Antriebslosigkeit und diese innere Kälte und Gleichgültigkeit. Ich bin mir selbst relativ egal, und ich weiß schon gar nicht mehr, wann ich im Gespräch mit anderen nur Interesse heuchele und wann ich wirklich mal direkt BETROFFEN von etwas bin. Im Grunde kreisele ich nur um mich selbst, und das ist eine Eigenschaft, die ich an anderen Menschen im Grunde zutiefst verachte.
Ich würde mich so freuen, wenn mir irgendjemand antworten oder schreiben würde. Ich weiß, das hier ist viel zu lang, und doch passt nicht alles rein, was ich sagen will. Eigentlich will ich ja gar nichts sagen. Ich will einfach gelöst und am besten mit einem IQ von 70 gesegnet sein, um außer Reichweite dieses ganzen Wahnsinns zu gelangen...
Dann gehe ich wohl gleich ins Bett, auch wenn Schlafen nur ein Aufschub der kommenden Anstrengung ist, mit prallem Bauch und so ca zehn Tellern und Schüsseln in der Spüle.. Ja, war ein 1a-Tag.
Liebe Grüße an alle da draußen