Hallo,
es ist mir sehr peinlich darüber zu schreiben und ich schäme mich fürchterlich für dieses Essverhalten, aber nachdem ich einige Beiträge in Foren über Magersucht und Binge- Eating gelesen habe, möchte ich nun Leuten, denen es vielleicht genau so erging und ergeht wie mir, meine Situation schildern:
Ich war vor wenigen Jahren "magersüchtig", wobei ich nicht die typische Magersucht mit Hungerphasen hatte.....hungern war und ist für mich völlig fremd. Ich habe morgens immer eine große Schüssel Müsli gegessen, mittags Vollkornbrote mit Käse und Gemüse....zwischendurch einen Apfel und abends meistens leichte Kost wie Salate mit Käse/ Fleisch. Ich hatte nie den Drang nach Süßigkeiten oder fettigem Essen. Mit der Zeit nahm ich stetig mehr ab. Ich hatte damals keine Waage...und obwohl ich von Natur aus schlank bin (war), nahm mein Körper krankhafte Formen an. Meine Hausärztin schickte mich dann in eine Klinik, in der ich dann bei 1,73 m mit 36 kg stationär behandelt wurde. Ein Kilo weniger und sie hätten mich gar nicht mehr aufgenommen!!
Dort blieb ich 6 Wochen....nahm in dieser Zeit sehr wenig zu, gerade am Anfang war es schwer, nicht weil ich nichts oder wenig aß....ganz im Gegenteil.....ich bekam zu den 3 Hauptmahlzeiten und den Zwischenmahlzeiten noch kalorienreiche Zusatznahrung ( Fortimel) und zwar 4x am Tag!!! Meine Körper war anscheinend schon so ausgelaugt, dass der Stoffwechsel sehr langsam wieder in die Gänge kam. Ich stand auch vor der Zwangsernährung mit dem Schlauch....die ich Gottes Dank dann doch nicht bekam...100 gr mehr auf der Waage haben mich damals davor gerettet.....auch wenn ich diese manipuliert hatte ( war morgens vor dem Wiegen nicht auf Toilette und habe einen halben Liter Wasser getrunken!). Ich wollte diesen Schlauch auf keinen Fall in mir haben....ich brauchte einfach nur mehr Zeit, um es auf normalem Wege zu schaffen!!
Nach kurzer Zeit habe ich mich dann selbst entlassen...ich durfte mich in der Klinik kaum bewegen, keine Therapie mit Bewegungen machen....es war zum Teil wie in einem Gefängnis...6 Wochen lang...auch wenn es zu meinem Besten war und ich durchaus auch positive Erfahrungen machen konnte....war ich froh wieder zu Hause zu sein.
Ich versuchte alleine zuzunehmen, was am Anfang gar nicht klappte....aber ich nahm auch nicht mehr ab.
1 1/2 Jahre kämpfte ich um jedes Kilo mehr.....es hört sich übertrieben an, aber für mich war es wirklich ein Kampf....mein Magen war nach langer Zeit nur noch an kleine Portionen gewöhnt und das, was ich essen wollte, war zwar sehr gesund, doch zu kalorienarm.
Letztes Jahr lernte ich meinen Freund kennen. Damals war ich immer noch untergewichtig, aber ich war kein mit Haut überzogenes Skelett mehr, sonst hätte er mich vermutlich gar nicht erst angesprochen.....wir verliebten uns und hatten eine tolle Zeit....in dieser Phase, nahm ich stetig zu....immer mehr und mehr....am Anfang freute ich mich über weibliche Rundungen, die ich nie hatte....ich fand es sehr schön eine Brust und einen knackigen Hintern zu haben, wo vorher nur "Pflaumen" und ein flacher Po waren!
Doch die Art und Weise, wie ich zunahm wurde immer krankhafter: es fing noch vor dem Kennenlernen meines Freundes an: Ich aß auf einmal große Mengen ohne sie danach zu erbrechen ( das konnte ich noch nie und schreckt mich auch total ab!!!).......langsam wurde mir bewusst, dass ich damals um Gewicht zuzulegen, nicht normal gegessen hatte, sondern in die nächste Essstörung hineinrutschte!!!
Ich wollte früher schnell zunehmen und fraß einfach große Mengen!
Um ehrlich zu sein....ist es für mich erst jetzt klar geworden....nach einem Jahr FA und einem Körpergewicht von 72 kg.......ich versuche vergeblich ein normales Essverhalten wiederzuerlangen.....nur habe ich schon seit Jahren kein normales mehr gehabt.....jeden Tag versuche ich aufs Neue, disziplinierter zu essen.....sage mir immer wieder: "Du brauchst nicht noch das und jenes zu essen...du hast inzwischen genug zugenommen....hör auf damit!"
Doch es klappt einfach nicht :cry:
Ich weiss langsam nicht mehr weiter....es gibt Tage, da bin ich so depressiv und lustlos, dass ich einfach nicht mehr aufstehen möchte.....als ich so dünn war, gab es diesen Zustand nicht!!! Ich war aktiv ( habe nie exzessiv Sport getrieben!!!)....und lebensfroh.....alles ging leichter.
Jetzt fühle ich mich träge, muss mich öfter hinsetzten, habe keine Lust auf Shoppen oder Treffen mit meinen Freunden!
In den letzten Wochen habe ich Gedanken, mein Essen stark zu reduzieren....oder auch mal Mahlzeiten auszulassen....das, was ich nie gemacht habe!!
Ich weiss, es ist eigentlich nicht gesund, aber ich möchte damit vermeiden, auf einmal zu viel zu essen....und möchte auch wieder abnehmen!
Einerseits habe ich Angst aus dem Binge- Eating nicht mehr rauszukommen und andererseits Angst in die nächste Magersucht...für mich nun " richtige" mit hungern und sehr wenig essen, reinzurutschen!!!! :-(
Sorry, dass der Beitrag so lang geworden ist, aber ich habe es noch nie jemanden so ausführlich mitgeteilt!
Schreiben/ Tippen hilft schon irgendwie.
Über Erfahrungsberichte von Betroffenen, denen es genauso oder ähnlich erging/ ergeht wäre ich sehr dankbar.
Ich bin nun an einem Punkt angelangt, an dem ich mich an Betroffene wende und den Erfahrungsaustausch suche.