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klingt nach dem "pica-syndrom".
Pica - "Krankheit der Elster"
Den Namen hat diese qualitative Normabweichung des Essverhaltens von einem Rabenvogel, der wahllos Dinge in den Schnabel nimmt, um damit sein Nest zu bauen, nämlich der Elster (lateinisch: Pica pica).
Es gibt aber zahlreiche andere Bezeichnungen zum gleichen Phänomen. Beispiele: Picatio, Picazismus (weshalb die Betroffenen auch Pikazisten genannt werden), Crissa, Citta, Malacia, Allotriophagia, Hapsicoria, Pellacia, Pseudorexia u.a.m.
Definition
Bezeichnend für diese qualitative Normabweichung des Essverhaltens ist die Einnahme von Substanzen oder Objekten, wie sie in dieser Art, Form oder Menge für die menschliche Ernährung nicht üblich ist. Im Gegensatz zu Anorexie oder Bulimie bzw. Hyperphagie (siehe das spezielle Kapitel), die vor allem im Wohlstandsgesellschaften zunehmen, scheint die Pica eher in den einfacheren Sozialschichten, bei Menschen mit dunkler Hautfarbe und in Entwicklungsländern vorzukommen.
Dabei darf man allerdings sogenannte transkulturelle Aspekte nicht übergehen. Es gilt das Pica-Verhalten mit Krankheitswert von Besonderheiten der Nahrungsaufnahme und sogar der medizinischen Selbstbehandlung abzugrenzen, wie es in verschiedenen Regionen bzw. entsprechenden Volksstämmen üblich, ja Tradition ist. Selbst in unseren Breiten finden sich ja da und dort noch immer bestimmte volksheilkundliche Überzeugungen, dass beispielsweise das Essen von Erde, immer wieder auch das Trinken von Urin einen günstigen Einfluss auf diese oder jene Körperfunktionen habe. Weitere Einzelheiten dazu siehe später.
Was die Definition des Pica-Syndroms anbelangt, bezieht man sich vor allem auf das Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen - DSM-IV der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung (APA), die mindestens folgende Kriterien fordert, um die Diagnose einer Pica zu rechtfertigen:
* Ständiges Essen ungenießbarer Stoffe für mindestens einen Monat lang.
* Das Essen ungenießbarer Stoffe ist für die jeweilige Entwicklungsstufe unangemessen (d.h. was für ein Kleinkind nachvollziehbar ist, lässt sich beim Jugendlichen nicht mehr entschuldigen).
* Das Essverhalten ist nicht Teil einer kulturell anerkannten Praxis (d.h. was in bestimmten Völkern als Tradition oder sogar gesundheitlich sinnvoll gilt, ist dort auch nicht krankhaft).
* Tritt die Störung des Essverhaltens ausschließlich im Verlauf einer anderen seelischen Störung auf (z.B. geistige Behinderung, Schizophrenie oder tiefgreifende Entwicklungsstörung), muss sie schwer genug sein, um diese Diagnose zu rechtfertigen (d.h. bei manchen psychischen Erkrankungen gehört das abnorme Essverhalten zum Krankheitsbild und ist dann kein gesondertes Leiden im Sinne eines Pica-Syndroms).
Spezifische Pica-Verhaltensmuster
Man kann sich denken, dass ein solch abnormes Ess-Verhalten auch zahlreiche Varianten bietet. Doch solche Unterformen werden in der wissenschaftlichen Literatur bisher recht uneinheitlich klassifiziert. Nachfolgend nur einige Aspekte zum besseren Verständnis:
* So wird bei exzessiver Einnahme einer genießbaren Substanz auch von "Food-Pica" gesprochen. Im Gegensatz dazu gibt es dann die "Non-Food-Pica" oder die "Mixed"-Pica.
* Ist der Zustand, der zu einem solchen abnormen Ess-Verhalten veranlasst, offenkundig, so bildet man bisweilen Begriffs-Kombinationen wie die "Schwangerschafts-Pica", also die bekannte Gier auf scharfe, süße oder saure Speisen während der Schwangerschaft (siehe später) usw.
* - Wird die einverleibte Substanz zur speziellen Namens-Gebung genutzt und mit dem Begriff "-phagie" verbunden (vom griechischen: phagein = essen, verzehren, fressen), dann findet man in der Fachliteratur Krankheitsbezeichnungen, die aus der konsumierten Substanz und griechischen Übersetzung für Essen oder Fressen kombiniert sind.
Beispiele:
Amylophagie (Stärke), Cautopyreiophagie (abgebrannte Zündholzköpfchen), Koniophagie (Staub), Geomelophagie (rohe Kartoffeln oder Kartoffelschalen), Geophagie (Erde, Lehm), Gooberphagie (Erdnüsse), Lectophagie (Lattich), Lithophagie (Steine, Kiesel), Pagophagie (Eis, Schnee), Plumbophagie (Blei, bleihaltige Farbe), Stachtophagie (Asche, z. B. von Zigaretten), Trichophagie (Haare), Xylophagie (Holz, z. B. Zahnstocher) u.a.
* Das gleiche gilt für deutschsprachige Begriffe. Beispiele: Gips-Pica, Mehl-Pica, Kohle-Pica, Backpulver-Pica, Kreide-Pica, Zement-Pica, Papier-Pica, Salz-Pica, Seife-Pica, Schaumstoff-Pica, Gummi-Pica, Kaffeesatz-Pica, Tücher-Pica, Gras-Pica, Insekten-Pica u.a.
Werden mehrere Substanzen eingenommen, fällt bisweilen der Begriff einer "Poly-Pica".
Und schließlich gilt als besonders schwer verständliche Pica-Form die
* Koprophagie, die Einnahme von Exkrementen (Stuhl, Kot), was auch eine sexuelle Komponente haben kann (sogenannte sexuelle Paraphilie, siehe das spezielle Kapitel über sexuelle Variationen). Mitunter findet man sie auch bei geistig Behinderten und schwer erkrankten Schizophrenen.
* Ausserdem gibt es die sogenannte Acuphagie, bei der - meist in geschlossenen Anstalten des Strafvollzugs - durch Einnahme von spitzen oder scharfkantigen Objekten innere Verletzungen ausgelöst werden sollen, um damit die notwendige Behandlung bzw. Verlegung auf eine Krankenstation oder in eine Klinik zu erzwingen. Auch beim Münchhausen-Syndrom ist so etwas möglich, wenngleich unter anderen Bedingungen ......... --> http://www.ag-psychosoziale-gesundhei t.de/psychiatrie/pica.html
liebe grüße
totemotte