Hat mich gefreut das meine Geschichte bei einigen so gut angekommen ist und ich dachte ich stell noch einen Teil rein:
Doch meine Gedanken sind noch da.
Perplex setze ich mich auf den Rand der Badewanne, mein Blick fällt erst in Leere, dann in Tränen. Das Ende der Zahnbürste hat meinen Rachen blutig gestochen, die ausgestoßene Magensäure verursacht brennenden Schmerz in den kleinen Wunden und ich glaube zu spüren, wie meine Speiseröhre verätzt und aufgefressen wird. Zittrige Hände streichen mir die Haare aus den Augen und entblößen mein Gesicht, in ausdrucksloses Dunkel getaucht, trotz dem grellen Neonlicht der den Spiegel zierenden Lampen, das mich jetzt blendet. Zu helle Lampen. Zu viel essen. Zu viel von mir. Ich beuge mich ein weiteres Mal über die Kloschüssel, erbreche Wasser und darin schwimmende Stücke, kleine, schwimmende Menschen, die langsam untergehen. Ich glaube sie schreien gehört zu haben.
Die Welt hat jetzt nur noch eine Farbe, sie ist schwarz in den Tiefen meines wimmernden, von Narben übersäten, aufgeschlitzten Inneren.
Pass auf dich auf. Lass das, du bist mir so wichtig hör auf damit, bitte. Ich höre Stimmen von allen Seiten, Stimmen, die sich das früher hätten überlegen sollen, bevor sie mir anstatt der fürsorglichen Mutterrolle Gewalt und Misstrauen entgegengebracht haben, und bevor sie meine Probleme mit einem Kopfnicken hingenommen und sich abgewandt haben. Jetzt ist es zu spät, ihr seid nur neidisch, neidisch auf meine Disziplin, meinen Willen und meine Stärke. N-e-i-d-i-s-c-h.
Es ist Mai. Für jede heranwachsende Großstadt die Zeit, Feste zu feiern, große, pompöse Feste, von denen niemand zu wissen scheint, wozu jedes Jahr Stände, Bühnen, Achterbahnen und Bierzelte aufgebaut werden, jedes Jahr Unmengen von Krankenhausplätzen belegt werden, weil sich ein Viertel der Jugendlichen mit Bier, Wodka und Hasch bis zum Kreislaufversagen feiert, ohne dabei festzustellen, dass sie ihren inneren Frust in Alkohol ertränken wollen, ihre Unzufriedenheit wie den Rauch eines Joints davonfliegen lassen wollen. Und ich sitze auch dieses Jahr auf einer großen Wiese inmitten von frustrierten Teenagern, meine maximal abgeschnittene, verwaschene Jeans durchnässt von dem vom Himmel vollgeheulten Gras, bin froh, Leggings darunter zu tragen, und vermische den Tabak einer Marlboro Gold Zigarette mit Marihuana. Kurz darauf atme ich genüsslich den Rauch ein, der mein verhasstes Ich meinen Körper für einen kurzen Moment wie einen Kadaver hinter sich herschleifen lässt, mir wird schwindlig. Ich stehe auf, wanke durch Menschenmassen, vorbei an Lichtern, Farben, Gerüchen, meinen Liebsten an der Hand hinter mir her schleifend. Ich bin so breit, siehst du die Lichter? Ich vergesse entgültig die Welt, als er mich an seinen feuchten, muskulösen Körper zieht, sich die Wärme unserer Atem kreuzen, die Nässe seiner Lippen die meinen benetzen, die Zeit scheint spurlos an uns vorbeizuziehen. Ich schlage die Augen auf, die Menschenmassen sind wie Ratten in ihre Löcher unter Bedachungen der Bierstände gewichen, auf die schwere Regentropfen prasseln, Mengen von Wasser.