eldon_11933715Re:Keine Lust auf Sex
Hallo Paul,
also du unterstellst mir hier pauschal Dinge, ohne zu wissen, wie das alles in Wahrheit gelaufen ist. Ich habe meinem Partner ganz sicher nicht GESAGT, dass ich lieber die Zeitung lesen würde (das habe ich in dem Moment nur gedacht). Und ich habe meinem Partner auch nicht zu verstehen gegeben, dass er bis zum Sankt Nimmerleinstag warten muss, und die Chance das wir jemals wieder Sex haben werden, eben gen Null tendiert oder halt sein Risiko ist, ob es jemals wieder passiert oder nicht. Und ich habe mich auch in diesen vier Jahren hin und wieder mal "zur Verfügung" gestellt, vielleicht so alle 2 Monate. Aber das habe ich eben nur für ihn getan und es über mich ergehen lassen.
Ich kann dir doch auch nicht sagen, warum ich das so empfunden habe. Ich hatte eine 50-60 Stundenwoche und war nur noch fertig. Wegen Mobbing und anderen Problemen habe ich mich jeden Abend in den Schlaf geheult. Mein Partner wusste ja, wie schlecht es mir geht und er hat mich auch verstanden. Ich habe ihn mit Sicherheit nicht angezickt oder sonstwas, oder ihm zu verstehen gegeben, dass er mir am Hintern vorbeigeht und gefälligst selber zusehen soll, wie er an seinen Spaß kommt. Es war eher eine Depression, man lacht 4 Jahre lang quasi gar nicht mehr, die Lebensqualität war ja genauso im Keller und wenn du dauernd nur traurig oder müde bist, hast du auch keinen Spass mehr an Sex.
Zum Thema "Sex ist unanständig und eklig". Also ich bin ein Mensch, der nicht so schnell aus sich rausgehen kann, ich bin also eher zurückhaltend. Aber wenn ich mich sicher fühle, dann kann ich auch ganz anders sein und mich fallen lassen. Aber das dauert und ist nur möglich, wenn ich mich völlig entspannen kann und meinem Partner vertraue. Aber wenn du dich viel streitest, auch über Kleinigkeiten wie Haushalt etc, leidet dieses Vertrauen bzw diese Unbeschwertheit ist dann irgendwie weg. Man muss wieder lernen, unbeschwert miteinander umzugehen, zbzusammen zu lachen. Aber bei mir war eben alles nur noch ernst, dunkel und traurig.
Und was den Umgang mir Sex betrifft, das hat sicher auch was mit meiner Erziehung zu tun. Sex ist und war da immer ein Tabuthema. Sowas ist unanständig, so nach dem Motto. Daher schwanke ich immer zwischen Lust und Schamgefühl. Das ist dann so, dass ich, sobald ich Lust empfinde, mich zeitgleich dafür schäme. Und das widerum war eben in diesen 4 Jahren auch der Fall. Jetzt nicht mehr, jetzt bin ich auch wieder ein paar Jahre älter geworden und ich kann Sex erst heute, mit 39J, richtig geniessen, während ich das mit 25 gar nicht konnte, da ich völlig gehemmt war.
Wieso tut dir mein Mann leid, weil er immer ein Vorspiel machen muss? Er ist schon immer derjenige gewesen, der sehr viel Wert auf Zärtlichkeiten gelegt hat. Das heisst aber nicht, dass wir nicht auch mal spontan ganz schnell übereinander herfallen, ohne Vorspiel etc. Aber das ist eben erst jetzt möglich. Dieses lange Vorspiel und all das war nur der Schlüssel, um mich gefühlsmässig wieder zu öffnen. Ich war völlig erstarrt und in mir verschlossen. Du musst dir das so vorstellen, ich habe in dieser Zeit nicht einmal Freude an meiner Lieblingsmusik gehabt, oder an Kinobesuchen, sozialen Kontakten etc.
Als ich meine Probleme, auch mit dem Job, endlich lösen konnte, wurde das halt von heute auf morgen besser. Nur habe ich meinen Partner nie aussen vorgelassen, wir haben immer geredet und er hatte eben das Vertrauen in mich, dass es irgendwann wieder besser wird.Ich habe ihm niemals vermittelt, dass ich ein Leben lang keinen Sex mehr wollte, sondern das ich eben selber total unglücklich war, ihn aber trotzdem liebe. Und das wusste er, weil bspw trotzdem Zärtlichkeiten und Umarmungen, Gespräche stattgefunden haben und wir vor allem schon viel schlimmeres zusammen durchgestanden haben, wo eben viele andere Paare dran gescheitert wären.
Wenn für dich jeder Mensch, der irgendwelche Probleme oder negative Empfindungen hat, gleich in Therapie gehört- oh man. Findest du das nicht ein bisschen übertrieben? Jeder Mensch hat doch irgendwelche Probleme oder Baustellen in seinem Leben, deshalb rennt man doch nicht gleich in die nächste Therapiegruppe.
Ich kenne deine Frau nicht, aber ich kann nur aus meiner Erfahrung sagen, dass eine Frau eben anders empfindet und auch wenn sie keine Lust hat, ihren Partner durchaus lieben kann. Klar könnte sich Frau auch einfach hinlegen und es über sich ergehen lassen, aber das wäre dir sicher auf Dauer (verständlicherweise) auch nicht recht.
Die Gründe können doch auch so vielfältig sein. Sex ist ja auch irgendwo anstrengend, wenn man richtig mitmacht. Ich meine auch psychisch. Weil man dem Partner vielleicht was bieten will. Hinzu kommt, dass es für manche Frauen mit der Zeit unangenehm wird, es tut einfach weh, wenn man nicht erregt ist (warum auch immer) und der Partner dennoch weitermachen will. Davor haben manche Frauen dann vielleicht Angst. Deshalb sagte ich ja, wäre es hilfreich, darüber zu sprechen.
Möglicherweise hilft es euch ja, wenn du ihr einen Brief schreibst. Vielleicht fällt es ihr so leichter, darüber zu sprechen. So leicht ist das nämlich auch nicht.
Deine Frau empfindet das ja auch selber nicht so, wie es bei dir ankommt. Sie stößt dich weg, denkt aber nicht daran wie du dich dabei fühlst, weil sie in dem Moment nur daran denkt, dass sie nicht will und eben nicht viel weiter. Und sie denkt sicher auch nicht, dass es nur deine Aufgabe ist dich um die Beziehung zu bemühen. Wenn sie aber schon so "blind" geworden ist, dass sie gar nicht mehr wahrnimmt, was sie da eigentlich mir dir macht oder dir antut, dann spricht das doch nur dafür, dass sie selber gar nicht weiß oder wahrhaben will, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Vielleicht verdrängt sie etwas aus ihrer Vergangenheit, womit sie (unbewusst vielleicht) nicht fertig wird. Sie weiß ja nur, dass sie keine Lust hat, aber die Ursache weiß sie ja vielleicht selber nicht.
Und ich finde, du verallgemeinerst auch sehr und tust den Frauen unrecht, so als wenn sie ihre Männer aus lauter Egoismus oder mit Absicht schlecht oder zickig (das ewige Klischee) behandeln würden. Das ist doch Quatsch.
Mein Partner ist ja zb auch so, dass er über Probleme nicht gerne redet. Ich muss also oft raten, was jetzt sein Problem ist oder was los ist. Und das ist ja bei vielen Männern so. Die setzen sich dann einfach vor den Fernseher und sind erstmal stumm, Frau merkt aber das irgendwas los ist, kann aber nichts tun oder helfen. Das ist auch oft nervig, da muss Frau dann eben Geduld haben, bis der Mann sich endlich mal öffnet.
Ich denke daher, beide Seiten haben Eigenschaften, die der Partner tolerieren muss.
Gruss Isabella