Heftig....
Also erst einmal ist dein Partner schon ein ganz harter Freund unter der Sonne, da muss ich meiner Vorschreiberin recht geben.
So, wie du es schilderst will er dieses und jenes und ignoriert Warnungen wegen seiner Bedürfnisse und du fragst dich, ob du egoistisch bist. Wo ist der Fehler?
Kurzum: von der Seite lesen sich seine Einstellungen wirklich haarsträubend.
In einer Sache kann ich ihn etwas verstehen, auch wenn er da zu krass vorgeprescht ist. Ich meine Folgendes:
Generell hast du Recht, Sex geht nur und zwar absolut nur dann, wenn beide wollen. Alles andere ist Murks oder gar Nötigung, Vergewaltigung und dergleichen.
Aber ich sehe da noch einen anderen Aspekt. Als Partner sind mir die Sorgen, Nöte und Bedürfnisse des anderen nicht egal. Händchen halten bei Krankheit, Kopf streicheln, wenn Ermutigung braucht, sich helfen usw.
Eine gute Beziehung lebt von diesem gegenseitigen Aufeinander-achten und auf sich selbst achten.
Wenn dein Freund total heiß ist, dann geht's dabei nicht bloß um die Lust, etwas zu unternehmen. Der Wunsch nach Sex ist mehr, der Kerl ist nicht nur heißt, der brennt. Als Partner wünsche ich mir an der Stelle:
1. Ernst genommen zu werden.
Wenn meine Partnerin mich genervt als Lustmolch abtut, wird meine Lust dadurch nicht weniger. Ich besorg es mir selbst - am besten so, dass sie es nicht mitbekommt. Womöglich sogar irgendwann auf Kanälen, die nicht mehr so ganz OK sind.
Ich wünsche mir, dass meine Partnerin kapiert, dass ich nicht nur Lust auf Freizeitgestaltung habe, sondern echte Bedürfnisse. Dass ich für voll genommen werde. Und das meine "Not" nicht runtergespielt wird.
2. Gemeinsam überlegen, wie man helfen kann.
Dein Freund ist vorgeprescht. "Dann blas mir doch einen" Er hat das ziemlich rücksichtslos formuliert, das geht definitiv eleganter. Aber wenn meine Bedürfnisse wirklich für voll genommen werden, dann muss auch die Frage erlaubt sein: was machen wir denn jetzt mit dir?
Und glaub mir: als Kerl ist es ein riesiger Liebesbeweis, wenn die Frau an der Stelle sagt: "Na komm, wir gucken mal, was wir für dich tun können."
Mir persönlich ist dann auch eine derart lieb gemeinte Handmassage auch lieber als ne Frau, die sich auf den Rücken legt und verkündet: "Na denn, auf zur Vergewaltigung! Sag, wenn du fertig bist."
An dem Punkt ist die Frage, wie das mit dem "aber beide müssen wollen" zusammenpasst. Meine Meinung:
"Geht nur, wenn beide Lust haben" ist unfug. Es braucht keine Lust von beiden. Das was ich gerade beschrieben hat, meint Liebe und Füreinander da sein und nicht Lust.
"Geht nur, wenn beide wollen" ist der Punkt, der wichtig ist.
- Ich liebe dich. Ich will, dass es dir gut geht.
- Wir wollen beide eine gute Partnerschaft.
- Sie: Dann will ich dir jetzt auch helfen.
- Er: Und dann drängel ich nicht noch weiter und will noch einen draufsetzen und das ganze Programm...
Nochmal: ich finde es ein respektloses Unding, wenn ich lese, was für eine Einstellung er scheinbar hat. So gesehen könnte man die letzten Absätze auch mal ganz gewaltig für ihn umschreiben. :-)
Aber ich finde es genauso ätzend, wenn Partner (das passiert übrigens auch Frauen) sexuell am ausgestreckten Arm verhungern und der "Nicht wollende" sich auf das Totschlagargument "Keine Lust" zurückzieht. Mit gegenseitiger Achtung und Wertschätzung hat das nichts zu tun.
Extrembeispiele:
Wenn mein Partner Magen-Darm-Grippe hat, fragt niemand, ob es Spaß macht, die Eimer am Bett auszuwechseln. Man macht es und streichelt dem armen Kerl oder der armen Frau trotzdem tröstend über den Kopf.
Wenn meine Frau vollbepackt vom Einkaufen kommt und mir sagt, dass unten im Auto noch schwere Milchkisten sind, dann nehme ich das auch nicht nur zur Kenntnis und gucke weiter TV, sondern steh auf und hol den Kram.
Lust auf Sex ist keine Krankheit und hoffentlich niemals so schwer wie nen 12er-Pack Milch, aber das Prinzip dahinter ist ähnlich.